Ortler

Erstellt am: 27.08.2004
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Kurzbeschreibung
Tourentyp:   Hochtour
Tourenlänge:   4 Tage
Schwierigkeit:   schwer (III/III+)
Karte:   Tabacco 08; 1:25.000
Region:   Ortler-Cevedale
Hütten:  Schaubachhütte 2581 m, Hintergrathütte 2661 m, Payerhütte 3029 m
Gipfel:   Eisseespitze 3230 m; Ortler 3905 m

Tourenplaner:   Tscharly
Teilnehmer:  Birgit, Christa
Tourentermin:     21. bis 24. August 2004
Besonderheiten:  Eine schwere, lange Tour bei besten Verhältnissen





Tourenbericht


Samstag, 21. August 2004: Der Anreisetag


Ich fahre um 4.30 Uhr in Sulzbach-Rosenberg los und hole in München Christa und Birgit ab. Während unserer Fahrt über den Fernpass und den Reschenpass regnet es immer wieder. Der Wetterbericht hat aber für den Nachmittag Wetterbesserung versprochen. Als wir in Sulden ankommen, regnet es noch immer. Wir können also die für heute geplante Eingehtour über die Eisseespitze und die Suldenspitze zur Casati-Hütte vergessen. Stattdessen trinken wir erst mal einen Capuccino, danach gehen wir in die Pizzeria und machen Mittag.
Indes hört der Regen auf und manchmal kommt sogar die Sonne durch. Nachmittags steigen wir in 1 1/2 Stunden zur Schaubachhütte auf.

Sonntag, 22. August 2004: Eingehtour auf die Eisseespitze 3230 m

Das Wetter hat sich gebessert, wir haben strahlenden Sonnenschein.
Heute haben wir es noch nicht besonders eilig. Unsere Eingehtour soll uns auf die Eisseespitze führen, nachmittags wollen wir noch zur Hintergrathütte rüber.
So brechen wir also bei bestem Wetter um 8.15 Uhr auf. Wir folgen dem Weg 171 Richtung Eisseepass. Irgendwo sollten wir nach links abbiegen, um auf die Eisseespitze zu kommen. Als wir bei 2750 m noch immer keine Abzweigung gefunden haben, biegen wir trotzdem links ab und steigen einen Rücken auf. Wir steigen über grobsteiniges schneebedecktes Gelände bis auf 2850 m auf. Hier sehen wir, dass wir auf den Grat links von uns wechseln müssen, um unser Ziel zu erreichen. Das ist auch kein Problem, nach einer Viertelstunde sind wir auf dem richtigen Grat. Jetzt können wir den schneebedeckten Steigspuren folgen. Bis kurz unter den Gipfel ist das kein Problem, durch einen kleinen Verhauer kommen wir aber kurzzeitig in etwas schwereres Gelände. Um 11.00 Uhr haben wir den Gipfel der Eisseespitze 3230 m erreicht. Der Weg ist mit I angegeben, was auch stimmt wenn man sich nicht versteigt.

Gipfelpanorama auf der Eisseespitze 3230 m



Um wieder auf die Schaubachhütte zu kommen, folgen wir dem Grat Richtung Suldenspitze bis zum Eisseepass. Hier steigt man in Gehrichtung rechts ab. Dieser Abstieg wurde seit dem letzten Schneefall (ca. 10 cm) vor zwei Tagen nicht mehr benutzt. So müssen wir uns die Spur neu treten und suchen. Das letzte Stück ist ziemlich steil, bevor wir auf den Suldenferner kommen. Danach steigt man unschwierig zur Schaubachhütte ab.
Nach einer sonnigen Pause auf der Hütte wandern wir nachmittags zur Hintergrathütte. Wir zweigen gleich nach der Schaubachhütte links vom Weg ab und wollen den Bach queren. Das sollte man lassen, denn hier kommt man durch das Klo der Hütte. Das komplette Abwasser der Schaubachhütte wird ungeklärt und ungefiltert 20 m neben der Hütte in den Bach geleitet. Und das in einem Skigebiet. Hier sollte genügend Geld vorhanden sein um eine Kläranlage zu bauen.
Doch zurück zu den angenehmeren Dingen der Welt. Gleich darauf mussten wir nochmal einen (sauberen) Bach queren. Nicht für jeden ganz einfach, wie man sieht. Danach geht es quer durch Moränenfelder zur Hintergrathütte, für den ganzen Weg braucht man etwa 2 Stunden.


Montag, 23. August 2004:

Über den HINTERGRAT auf den ORTLER 3905 m





Auf dem Bild hier sind die zwei unteren Felder weiß, das war am Vortag vormittag. Bei unserem Aufstieg waren die Schotterfelder wieder schneefrei. Firnfelder sind nicht mehr vorhanden.

Um 3.30 Uhr wird man auf der Hintergrathütte geweckt, ein Service, den man nicht überall hat. Es gibt ein gutes Frühstück, wenn man Appetit hat. Wir brechen um 4.15 Uhr mit Stirnlampen auf. Den Lichtern der Anderen nach ziehen wir auf dem Rücken einer Moräne dem Einstieg entgegen. Nach der Moräne steigt man nach rechts kurz durch Felsen zum ersten Schotterfeld auf. Nun geht es in Serpentinen den deutlichen Trittspuren folgend nach oben. Vor dem ersten Felsriegel ziehen wir den Klettergurt über und setzen den Helm auf.
Jetzt geht die Kraxelei los, doch nur kurz, dann kommt das zweite Schotterfeld. Auch das wird in gut sichtbaren Trittspuren nach schräg oben links durchquert. Danach kommt man wieder in Felsen. Weiter geht es Richtung oberer Knott. Einmal haben wir uns kurz verstiegen, wir merken aber durch lose Steine sofort, dass wir in Gelände kommen das nicht begangen wird und finden den richtigen Weg.
Vor dem Firnrücken auf etwa 3450 m ist ein kurzer Grat zu überschreiten.
Danach geht es zuerst flach, dann steiler über das Firnfeld. Je nach Verhältnissen sind Steigeisen erforderlich. Wieder in den Felsen (Auf etwa 3500 m hat man zwar die Hälfte der Höhenmeter des Aufstiegs hinter sich, nicht aber die Hälfte der Aufstiegszeit) steigt man nun auf dem Grat Richtung Signalkopf an. Kurz unter diesem kommt der erste Sicherungsring. Wir legen das Seil ein und seilen in einer Rinne etwa 20 m schräg nach unten ab. Hier ist der nächste Ring und man kann die folgende Querung sichern. Ab hier gehen wir angeseilt bis zum Gipfel. Jetzt hat man den Signalkopf hinter sich und es bildet sich ein kleiner Stau auf dem Grat vor der ersten IIIer Stelle.
- Hier lernen wir langsam eine Vierertruppe kennen. Drei ältere Herren und ein junger Bursche. Bis zum Gipfel und auch im Abstieg treffen wir uns immer wieder. Zum Teil benutzen wir Standplätze gemeinsam. Eine gute Truppe, es ist nicht schlecht wenn man weiß, dass eine Seilschaft in der Nähe ist, die erfahren ist. Für uns ist es nämlich die erste Tour in diesem Maßstab. -
Gleich danach kommt nochmal eine schwierigere Stelle, danach quert man rechts raus. Über zum Teil schneidige Grate geht es weiter nach oben. Noch einmal kommt eine IIIer Stelle, danach muss man noch ein steil nach rechts abfallendes Firnfeld überwinden (eine Seillänge). Jetzt hat man noch zwei/drei Seillängen zum Gipfel des Ortler 3905 m.
Das ist zwar schnell hingeschrieben, für die letzten 400 Hm nach dem Firnrücken braucht man aber die meiste Zeit. Der Weg davor ist dagegen zeitlich eine Kleinigkeit.

noch ein paar Bilder


Über den NORMALWEG runter zur PAYERHÜTTE

Der Abstieg über den Normalweg zur Payerhütte führt im oberen Teil über den zuerst flachen Ortlerferner. Je weiter man nach unten kommt, desto steiler wird dieser, es sind Stellen und Querungen bis zu 40 Grad zu überwinden. Wir haben optimale Verhältnisse, bei Blankeis können durchaus heikle Passagen dabei sein. Nach dem Gletscher kommt man auf 3316 m zum Biv. Lombardi, hier wenden wir uns nach links und steigen einen Pfad ab. An einem Abbruch ist eine Abseilstelle eingerichtet, die wir benutzen, um auf den unteren Ortlerferner zu gelangen. Wir landen auf steindurchsetztem Blankeis, Steigeisen an den Füßen wären nicht schlecht. Wir müssen ein Stück nach oben krabbeln, um wieder besseres Gelände unter die Sohlen zu bekommen. Weiter absteigend queren wir in einem Rechtsbogen aus dem Gletscher aus. Wir seilen aus und packen die Steigeisen weg. Nach einer unangenehmen Querung im 40 Grad steilen Schotter kommen wir in festen Fels. Hier richten gerade zwei Mann ein Fixseil über den abfallenden Grad ein, unsere vier Berggefährten sind schon vor uns angekommen. Wir fragen, ob wir das Fixseil auch mit benutzen können. So müssen wir keine eigene Baustelle einrichten. Über einen Kurzprusik gesichert steigen wir den Grat ab, einer der Vier baut das Fixseil mit ab.
Danach wird es kurz leichter. Doch bald kommt die Stelle mit den Ketten. Die führt zum Teil senkrecht nach unten. Der Fels ist zwar mit vielen guten Tritten versehen, trotzdem nehmen wir eine Bandschlinge mit Karabiner und sichern uns an der Kette klettersteigähnlich nach unten. Nach 13 Stunden Gehzeit wird man trotzdem etwas müde und etwas Sicherheit tut gut.
Danach führe ich uns noch durch zwei Verhauer durch zwei falsche Rinnen unnötig in schwierigeres Gelände. Doch auch das kann Birgit und Christa nicht schrecken. Nachdem wir auch das überwunden haben, haben wir es eigentlich geschafft. Der Weg steigt aber bald darauf wieder an und es sieht aus als ob er zur Tabarettaspitze führen würde. Da wollen wir aber nicht hin, wir wollen zur Hütte. Wir machen eine Pause, nach kurzer Zeit kommen die Zwei, die das Fixseil eingerichtet hatten. Zusammen gehen wir zur Payerhütte 3029 m. Der Weg war schon der Richtige.

Um 18.15 Uhr sind wir nach 14 Stunden am Ziel. Eine lange, anstrengende und bei dieser Gehzeit auch auf dem "NORMALWEG im Abstieg" keine leichte Tour. Wir hatten super Wetter und optimale Bedingungen, was den Schnee und den Gletscher betrifft. Bei einem Wetterumschwung, schlechter Sicht auf dem Gletscher, Kälte oder Wind wird die Tour um vieles schwerer.

Am darauffolgenden Tag ist das gute Wetter vorbei, wir steigen über die Tabarettahütte nach Sulden ab. Auch die Ortleraspiranten, die heute die Besteigung versuchen wollten, steigen unverrichteter Dinge wieder ab.

Für den Ortler braucht man, und Frau, gutes Wetter.